Nov 4

Tell-a-Friend-Funktion kann wettbewerbswidrig sein

Bundesgerichtshof, 12.09.2013 Aktenzeichen I ZR 208/12

Wer auf seiner Internetseite eine sogenannte Weiterempfehlungsfunktion (Tell-a-Friend) einsetzt, geht nach neuester Rechtsprechung des BGH ein nicht unerhebliches rechtliches Risiko ein. Darüber versendete E-Mails sind als Werbung zu klassifizieren und sind an den Anforderungen des § 7 UWG zu messen. Schafft ein Unternehmen auf seiner Website daher die Möglichkeit für Nutzer, Dritten unverlangt eine sogenannte Empfehlungs-E-Mail zu schicken, die auf den Internetauftritt des Unternehmens hinweist, ist dies nicht anders zu beurteilen als eine unverlangt versandte Werbe-E-Mail des Unternehmens selbst.

Die Tell-a-Friend-Funktion funktioniert in der Regel so, dass ein Dritter seine eigene E-Mail-Adresse und eine weitere E-Mail-Adresse eingibt und von der Internetseite des Seitenbetreibers an die weitere von dem Dritten benannte E-Mail-Adresse eine automatisch generierte E-Mail versandt wird, die auf den Internetauftritt des Seitenbetreibers hinweist. Es handelt sich dabei um eine effektive Funktion es Empfehlungsmarketing.

Das Zusenden solcher Empfehlungs-E-Mails durch einen Webseitenbetreiber kann einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des E-Mail-Empfängers darstellen. Der BGH hat diesbezüglich ausgeführt, dass „das Versenden von E-Mails mit unerbetener Werbung, die der Empfänger jeweils einzeln sichten muss und bei denen ein Widerspruch erforderlich ist, um eine weitere Zusendung zu unterbinden, führt zu einer nicht unerheblichen Belästigung (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2009 – I ZR 218/07, GRUR 2009, 980 Rn.10 ff. = WRP 2009, 1246 – E-Mail-Werbung II).“

Interessant ist, dass der BGH hierbei einen weiten Begriff der Werbung zugrunde gelegt hat:

„Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung beispielsweise in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring erfasst. Wer-bung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/113/EG über irreführende und vergleichende Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (BGH, GRUR 2009, 980 Rn.13 – E-Mail – Werbung II).“

Im vorliegenden Fall kam es nach Ansicht des BGH für die Einordnung als Werbung gerade nicht darauf an, dass das Versenden der Empfehlungs-E-Mails letztlich auf dem Willen eines Dritten beruht, der die Tell-a-Friend-Funktion verwendet. Da die Tell-a-Friend-Funktion den Zweck hat, Dritte auf die Webseite des anbietenden Unternehmens und die von ihr angebotenen Leistungen aufmerksam zu machen, enthalten die auf diese Weise versandten Empfehlungs-E-Mails nach Auffassung des BGH Werbung.

Insofern ist es dann auch folgerichtig, dass der BGH noch einmal ausführt, dass nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG – von dem Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG abgesehen – jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfän-gers eine unzumutbare Belästigung darstellt.
Unternehmen sollten daher überprüfen, ob sie weiterhin von dieser Funktion Gebrauch machen möchten, da eine vorherige Einwilligung der Betroffenen E-Mail-Empfänger praktisch nahezu ausgeschlossen, jedenfalls erheblich erschwert ist. Fühlt sich daher jemand durch die Zusendung dieser Werbung belästigt oder wird die Wettbewerbszentrale auf einen solchen Vorgang aufmerksam, dann drohen Unternehmen nicht unerhebliche Kosten durch Abmahnung und/oder einstweilige Verfügung.

Der Originaltext des Urteils kann hier abgerufen werden.